Hej, ich bin Franzi, 33 Jahre und eigentlich Ärztin. Aktuell reise ich in einem altem ausgebauten Feuerwehrauto durch die Welt und konnte vor ein paar Wochen meine 300h-Yogaweiterbildung bei elementyoga online beginnen. Darüber habe ich Karla kennenlernen dürfen, die mir mit Rat und Tat bei all meinen Fragen zur Seite stand. Über die Ausbildung sind wir näher ins Gespräch und in Verbindung gekommen, sodass ihr nun meine Geschichte hier zum Thema Mental Health lesen könnt.
Als früher die Menschen zu mir sagten „Nimm’ deine Arbeit bloß nicht mit nach Hause!“, verstand ich gar nicht, was sie meinten. Nur ein paar Jahre später durfte ich die Erfahrung selbst machen und begriff plötzlich, dass sie Recht hatten.
Ich begann eine neue Stelle als Assistenzärztin in der Chirurgie einer großen Klinik in Hamburg, voller Motivation startete ich jeden Morgen in die Visite, nahm jede noch so kleine Veränderung in den Blutwerten meiner Patienten wahr und ernst und assistierte stundenlang im OP-Saal. Arbeitszeiten von über 10 Stunden am Tag, 5–7 Tage die Woche wuppte ich anfänglich noch mit Gelassenheit, aber mit steigender Expertise, stieg auch die Verantwortung. Innerhalb kürzester Zeit fand ich mich in 24-Stunden-Diensten an Wochenenden wieder und schlug mir die Nächte um die Ohren.
Zuhause legte ich mich nach einem kurzen Frühstück einfach nur noch ins Bett und verfiel in einen unruhigen Schlaf. Aus diesem schreckte ich regelmäßig hoch, da ich das Gefühl hatte, etwas vergessen zu haben, rief in der Klinik an und erkundigte mich nach den Zuständen meiner Patienten.
Von ihnen gab es auch zu viele, die mir während meiner Arbeit ans Herz wuchsen, um die ich mir Sorgen machte, als seien sie meine eigenen Angehörigen, über die ich zu Hause nachdachte, mich mit Freunden und Kollegen austauschte, um sie am nächsten Tag bestmöglich zu behandeln.
Tja, da war sie also, die Arbeit im eigenen Zuhause. Und sie ließ mich nicht mehr los.
Nach einiger Zeit entschloss ich mich dazu, mir einen Schutzmantel der Härte umzulegen, um nicht jeden Fall mit nach Hause zu nehmen. Ich versuchte so professionell wie möglich zu bleiben, keine nähere emotionale Bindung zu den Patienten aufzubauen, denn diese kontinuierliche Grübelei über das Wohl der Menschen zog mir eine Menge Energie.
In diesem Entschluss verbarg sich allerdings das nächste Problem, denn plötzlich nahm ich diesen Schutzmantel mit nach Hause. Ich verbrachte so viel Zeit im Krankenhaus, ummantelt, dass es mir schwer fiel, ihn zu Hause abzulegen und mich wieder in die Freizeit-Franzi zu verwandeln, die meine FreundInnen kannten.
Ich wurde zu einem Stein, emotional unterkühlt im Umgang mit mir und allen mich umgebenden Personen. Natürlich kümmerte ich mich weiterhin um all meine FreundInnen, blieb mit ihnen in Kontakt, versuchte hier und da eine Liebesbeziehung aufzubauen, aber alle mir näher kommenden Personen fühlten sich an, wie eine Bedrohung, also hielt ich sie eher auf Abstand, ließ niemanden ernsthaft an mich ran. Dieser Schutzmantel wuchs an mir fest, wurde Teil von mir, wie eine zweite Haut. Er wurde irgendwann so eng, dass ich das Gefühl bekam, ich könne mich nicht mehr bewegen.
Mein Körper schrie, aber mein Herz blieb stumm.
Ich musste etwas tun, anfangen, mir etwas Gutes zu tun, suchte nach einer Yoga-Shala in meiner Umgebung und begann unmittelbar mit dem exzessiven Üben von Ashtanga-Yoga. Ich musste mich so anstrengen, bis ich es schaffte ins Spüren zu kommen, dass die Yogapraxis anfänglich eine zusätzliche Belastung war. Nach einiger Zeit begriff ich aber, dass nur die körperliche Arbeit mein Problem nicht lösen konnte, ich musste mir auch psychologische Unterstützung holen und fand zum Glück schnell einen Therapieplatz bei einer wundervollen Therapeutin. Über zwei Jahre arbeitete ich wöchentlich intensiv meine Vergangenheit und Gegenwart auf, lernte langsam sanftmütiger zu werden, mit mir und den Personen um mich.
Ich konnte durch die regelmäßige Yogapraxis in Kombination mit der tiefenpsychologischen Therapie herausfinden, dass der Job in der Klinik, in der Chirurgie einfach eine Nummer zu groß für mich war. Dass ich in diesem Beruf nicht glücklich werden konnte, da er mir mehr Energie nahm, als er mir gab.
Ich wechselte nach knapp 2 ½ Jahren Arbeit in der Klinik in eine allgemeinmedizinische Praxis und konnte mich immer mehr mit dem Thema Ganzheitlichkeit, den Zusammenhängen von Körper und Geist und meiner Yogapraxis widmen. Der Druck ließ nach, ich öffnete langsam jeden einzelnen Knopf meines Mantels und konnte wieder atmen, wieder vertrauen, mehr ins Leben, mehr in mich.
Weitere 1 ½ Jahre arbeitete ich als Ärztin und bekam dann die Möglichkeit vom Leben, mich einmal komplett auf mich zu konzentrieren, mich von dem Leben als Ärztin und den damit einhergehenden Tücken zu erholen und ging reisen.
Diese Reise hält noch immer an und gibt mir das erste Mal seit langem wieder das Gefühl voll und ganz lebendig zu sein.
Manchmal fällt es uns schwer, unsere persönlichen Grenzen wahrzunehmen. Manchmal überschreiten wir sie, manchmal brauchen wir Zeit, sie zu akzeptieren.
Manchmal tut es uns nicht gut, sie zu ignorieren und dies verletzt uns selber.
Umso schöner ist es dann am Ende zu sehen, dass das Grenzen setzen häufig zu einem wieder sich näher kommen führt, auch wenn der Weg dorthin etwas länger gedauert hat.
Danke dir, Karla, mir die Möglichkeit gegeben zu haben, diesem super wichtigen Thema wieder mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen zu können.
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